...denn der Mensch ist nichts als ein Wagnis,
ein immerwährendes Aufs-Spiel-Setzen der Existenz,
ein Experiment des Daseins,
und ist liebenswert nur, weil er  zugleich ein „Übergang und ein Untergang“ ist.

-- Friedrich Nietzsche

 

Zürich, Sylvester 2008

 

Liebe Leserin,
lieber Leser,

da Du diese Zeilen liest, hast Du wahrscheinlich wieder mal eine Neujahrskarte von mir erhalten und Dich dabei gefragt, weshalb ich denn dies so beharrlich tue.

Seit Jahrzenten packt mich gegen Ende des Jahres eine unerklärliche innere Unruhe. Das Neue Jahr scheint irgendwie irreal, obwohl man doch weiss, dass es in den nächsten Tagen beginnen wird.

Wie irritierend und ungewohnt erschien uns damals der Eintritt ins neue Millennium, doch heute verwenden wir die Jahreszahlen mit einer Zwei vorne als Selbstverständlichkeit – solche aus dem letzten Jahrhundert haben bereits antiquierten Charakter.

Und meine Rastlosigkeit nimmt zu, je mehr die Woche zwischen Weihnachten und Neujahr naht. Denn diese Tage sind seit über vierzig Jahren reserviert für den Entwurf einer Glückwunschkarte. Erinnerungen tauchen auf an die äusseren Umstände derer Entstehung -- Ankerpunkte im Strom der Zeit, "la mémoire involontaire", wie Proust sie benannt hat.

Die Beschriftung der Couverts und der Karten, die letzte Phase, erlebe ich stets als eine mit Freude verbundene, kontemplative Handlung, vielleicht der einzige rationale Grund für diese alljährliche Mühe.

Denn ein jeder Name auf den gestapelten Briefumschlägen lässt einen kurz innehalten, erweckt Gedanken, manchmal auch an eigene Versäumnisse. Hin und wieder ein Telefonat an einen schon lange nicht mehr gesehenen, doch nicht vergessenen Menschen.

Die Gewissheit, dass da draussen Freunde leben, verleiht Zuversicht und Mut, den Weg weiter zu gehen.

Zuversicht und Mut,  das wünsche ich Dir – so wie ich mir selber!

 

Herzlich,

 

Gunnar Jauch

dipl. Architekt ETH / SIA / SWB

Birmensdorferstrasse 486
CH-8055 Zürich

gunnar.jauch@bluewin.ch